Reinhard Taege
Deutsche
Eisenbahn- und Heimatgeschichte
GESUNDHEIT - JUSTIZ - MILITÄR

Behörden im Staats- oder Landesdienst waren die Anschlussnehmer der hier behandelten Güterbahn.

Die Anschlussbahn für den Güterverkehr wurde ursprünglich zur Anbindung der Strafanstalt Brandenburg-Görden 1927 errichtet, bevor 1936 eine Verlängerung zum neu errichteten Fliegerhorst Briest der Deutschen Luftwaffe erfolgte. Der Ausgangspunkt und Abzweig befindet sich noch heute nördlich des Silokanals an der Strecke Brandenburg-Rathenow (ehemalige Brandenburger Städtebahn). Die größte Ausdehnung hatte die Güterbahn zwischen 1936 und 1946, sie betrug 6,80 Km (ohne Nebengleise).
Das Gleisstück zwischen dem Güterbahnhof Flugplatz Briest (Tanklager) und Rosenhof (Flakstellungen) wurde nach 2. Weltkrieg von der Sowjetarmee abgebaut. Es verblieb bis 1993 eine Restlänge von 5,10 Kilometer. Momentan liegt das Gleis noch bis zum ehemaligen Flugplatz Briest. Genutzt werden aber nur noch sporadisch etwa 2 Kilometer zwischen dem Abzweig Silokanal und der JVA zum Abstellen von Güterwagen.  

                           Pos. km     Anschlüsse
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(1)   0,0  Abzweig am Silokanal   
(2)   0,5  Abstell- und Rangierbahnhof
(3)   0,8  Ladestelle „Volksgut“    
(4)   1,5  Anschlussgleis Landesklinik Brandenburg-Görden („Nervenheilanstalt“)
(5)   1,8  Ladestelle/Güterschuppen der Landesklinik Brandenburg-Görden
(6)   2,0  Strafanstalt > Strafvollzugsanstalt > Justizvollzugsanstalt (JVA)
(7)   3,0  Kreuzung mit Brandenburger Straßenbahn (Anton-Saefkow-Allee)
(8)   4,6  Militär: Munitionslager (Heizhaus-Ost) > NVA: Werkstofflager
(9)   5,0  Militär: Güterbahnhof Briest Tanklager (ab 1946 Endbf.)
        (10)   5,8  Militär: Munitionslager (bis 1945)
        (11)   6,8  Militär: Güterbahnhof Briest Rosenhof (bis 1946)
DR-Lok 52 8159-7 vor Doppelstockzug aus Rathenow am Abzweig Brandenburg Silokanal.  Links das Gleis der Anschlussbahn zum „Knast“ und Flugplatz Briest.         Foto: Reinhard Taege (11/1975)
(1)  Km 0,0 - Abzweig Silokanal

Der Abzweig Silokanal entstand im Jahr 1926 im Zusammenhang mit dem Neubau der Strafanstalt Brandenburg-Görden. Hier beginnt bis heute die Anschlussbahn, die mit einer (verschließbaren) Weiche an die Brandenburgischen Städtebahn angebunden wurde. Während der aktiven Betriebszeit der kamen die Güterzüge aus Richtung Brandenburg-Altstadt und liefen auch dorthin wieder zurück. In diesem Bahnhof gab es eine eigene Lokabteilung, die die zahlreichen Werkanschlüsse im Bahnhofsumfeld bediente; gewiss eine lukrative Angelegenheit für die Brandenburgische Städtebahn!   
(2)  Km 0,5 - Abstell- und Rangierbahnhof

Der Güterbahnhof besitzt ein Durchgangs- und zwei Nebengleise. Ein Stumpfgleis, das früher Streckengleis war, endete ab 1980 im Volksgut als Ladegleis (3). Der Bahnhof diente bis zum Ende des 2. Weltkrieges als Verschiebebahnhof für die Brandenburgische Städtebahn, zu DDR-Zeiten war er Abstellbahnhof für ausgemusterte Lokomotiven und Wagen der DR, die auf ihre Zerlegung in der nahen Strafvollzugsanstalt warteten. Der Bahnhof wurde von der Volkspolizei bewacht, da dort häufiger Buntmetalle von den abgestellten Fahrzeugen abmontiert wurden. Heute (2012) dient er immer noch als Abstellbahnhof für Spezialgüterzüge. Um 1985 wurde der Westkopf im Zusammenhang mit dem Neubau der Umfahrung (3) ein Stück nach Süden verlegt.

(3)  Km 0,8 - Ladestelle „Volksgut“

Bis etwa 1985 führte die Verbindungsbahn durch einen ehemaligen Gutshof, der während der DDR-Zeit „Volksgut Görden“ hiess. Wegen des beengten Profilraumes zwischen den Gebäuden wurde das durchführende Gleis Mitte der 1980er-Jahre südlich um das Gehöft herum verlegt. Ein Rest blieb auf dem Hof des Volksgutes als Ladegleis liegen.
Der landwirtschaftliche Betrieb beschäftigte haupt-sächlich geistig behinderte Menschen, die von der naheliegenden Heilanstalt Görden betreut wurden.
(4) Km 2,0 - Strafanstalt > Strafvollzugsanstalt („VEB Knast“) > Justizvollzugsanstalt (JVA)

Die Strafanstalt Brandenburg-Görden wurde zwischen 1927 und 1935 errichtet. Zur Baustoffversorgung erfolgte als eine der ersten Maßnahmen die Errichtung der Anschlussbahn zur Weiche am Silokanal im Jahr 1926. Etwa 100 Meter vor dem Eisenbahntor der Strafanstalt (s. Bild unten) wurde 1936 die Abzweigweiche für die Strecke zum Fliegerhorst Briest eingebaut.  
Naturgemäss drang aus derartige Einrichtungen recht wenig nach draussen. Zu DDR-Zeiten wollte man auch möglichst wenig mit diesen Institutionen zutun haben. So waren Nachforschungen über die Eisenbahnanlagen im Brandenburger Strafvollzug tabu, schon weil man nicht in den Verdacht der Spionage geraten wollte. Nur soviel war bekannt, das es dort Gefangenen-Abteilungen gab, die Tag für Tag unter dem Motto „Martin braucht Schrott“ alte Eisenbahnfahrzeuge für das Stahl- und Walzwerk Brandenburg zerlegten, damit die Siemens-Martin-Öfen ihr stählernes Futter erhielten.  
Das einzig erreichbare Bilddokument von den Gleisanlagen im ehemaligen Strafvollzug Brandenburg (Havel) liefert diese Satellitenaufnahme aus dem Jahr 2000. Zehn Jahre später ist von den umfangreichen Gleisanlagen nichts mehr vorhanden, sie wurden restlos entfernt. Entlang der östlichen Gefängnismauer, an deren Innenseite sich auch die Hallen für die Zerlegung der Eisenbahnfahrzeuge befanden, verläuft die Verbindungsbahn (gelbe Linie) außen entlang weiter in Richtung Flugplatz Briest.                                                   Quelle: Google Earth
Der gleiche Aufnahmestandpunkt wie links, aber 37 Jahre später: Statt Dampflok, nun ein moderner Triebwagen der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft                    Foto: Reinhard Taege (01/2012)
Ex DR-Lok 52 6125-0 wartet im Abstellbahnhof Silokanal auf ihre Verschrottung im „Knast“.              Foto: Reinhard Taege (05/1976)
Die Anschlussbahn zweigt von der Strecke Brandenburg - Rathenow nach links ab                                                       Foto: RT 01/2012
Östliche Einfahrweiche des Güterbahnhofs am Silokanal
Foto: RT 01/2012
(5) Km 3,0 - Kreuzung mit der Brandenburger Straßenbahn

Eine Besonderheit sind zwei noch existierende Kreuzungen in Brandenburg (Havel) zwischen der normalspurigen Brandenburger Städtebahn und der schmalspurigen Brandenburger Straßenbahn am Haltepunkt Brandenburg-Görden, diese ist seitens der Straßenbahn sogar zweigleisig. Die andere, die hier von Interesse ist, liegt in der Anton-Saefkow-Alle (kurz vor der heutigen Endhaltestelle der Straßenbahn) und ist eingleisig. Dort kreuzen sich die Gleise der Straßen- und Verbindungsbahn.
Das Gleis der Verbindungsbahn ist betrieblich zwar tot, Schwellen und Schienen sind jedoch in recht gutem Zustand. Deren Verbindung durch Klammern (keine Schrauben!) ist eine Besonderheit dieses Abschnittes (nur zwischen Straßenbahnkreuzung - Flugplatz).      
Km 3,0: Kreuzung der Verbindungsbahn (links zum Flugplatz) mit der schmalspurigen Brandenburger Straßenbahn (Richtung Stadt) in der A.-Saefkow-Allee               Foto: Reinhard Taege (12/2004)
Km 3,0: Blick aus Richtung Flugplatz über die Straba-Kreuzung hinweg entlang der östlichen Gefängnismauer. Dort stehen noch Z-gestellte Güterwagen.                                     Foto: Reinhard Taege (12/2004)
Km 1,5 Abschnitt Verbindungskurve - JVA - die Idylle täuscht! Zu
dem Zeitpunkt diente die Strecke zum Abstellen alter Güterwagen.
 Foto: RT (11/2004)
Blick auf die Umgehungskurve am ehemaligen „Volksgut“ (aus Richtung Westen). Im Hintergrund das ehem. Stahl- und Walzwerk Brandenburg.                                             Foto: RT (11/2004)
Ein gut erhaltener Gleisabschnitt im Gördenwald (Km 3,5) zwischen Anton-Saefkow-Allee und dem Flugplatz Briest. Gut sind die Schienenklammern zu erkennen.          Foto: RT (12/2004)
Anschlüsse auf dem Flugplatz Briest (8 bis 11)

Der Fliegerhorst Briest wurde von der deutschen Luftwaffe errichtet und 1936 in Betrieb genommen. Gleichzeitig damit wurde die Verbindungsbahn zum Abzweig Silokanal gebaut, um einen Anschluss an die Brandenburgischen Städtebahn herzustellen, die sie auch bis 1945 bediente. Nachfolgend übernahm für vier Jahre die Landesbahn Brandenburg den Betrieb, ab 1949 die Deutsche Reichsbahn. Die Transportgüter für Briest waren selbstredend militärischer Natur. Neben Ersatzteilen für Flugzeuge, wurden Versorgungsgüter für die Mannschaften, Munition, Treib- und Schmierstoffe befördert, aber auch Baustoffe.
Die Geschichte des Flugplatzes selbst ist durch die geschichtlichen Ereignisse sehr wechselhaft, aber nicht Gegenstand dieser Betrachtung. Nur soviel hierzu:
Erste „Hausherren“ waren die Luftwaffe/Flak-Einheiten (1936-45), dann kam die Sowjetarmee (1945-56), dann die NVA (1956-90) und schließlich die Bundeswehr (1990-94). Die Geschichte des traditionsreichen Flugplatzes endet im Jahr 2009, als die Zulassung als Sonderlandeplatz erlosch.

(6)  Km 4,6 - Munitionslager (NVA: Heizhaus-Ost)

Das Munitionlager besaß ein eigenes Ladegleis, welches vor dem Ostende des Güterbahnhofs (Tanklager) vom Hauptgleis abzweigte. Die Länge betrug 150 Meter. Zur NVA-Zeit hatte es seine ursprüngliche Aufgabe verloren, da das Gebäude andersweitig genutzt wurde (Werkstoff-lager der Reparatur- und Kontrollstaffel).
(7)  Km 5,0 - Güterbahnhof Briest (Tanklager)

1936-46 war der Güterbahnhof am Tanklager noch nicht Endbahnhof, sondern Durchgangsstation. Die Strecke führte ursprünglich weiter bis zum Güterbahnhof Briest Rosenhof, nahe den Flakstellungen am Nordrand des Flugfeldes. Der Güterbahnhof war ausgestattet mit:
1 Durchgangs-, 1 Umsetz- und 1 Stumpfgleis, an dem eine große Seiten-/Kopframpe für das Be- und Entladen militärischer Güter. Es ist durchaus möglich, dass es in früheren Jahren noch weitere Gleise bzw. Anlagen auf dem Bahnhofsgelände gab. In der NVA-Zeit wurde der Anschluss nur sehr selten und durch Dieselloks bedient (Brandgefahr!). Der Bahnhof hatte eine Länge von 600 Meter. Er wurde nach 1990 nicht mehr genutzt, seit
2009 ist er nicht mehr zugänglich, da Firmengelände mit Bewachung.
Güterbahnhof Briest (Tanklager) von der östlichen Einfahrweiche aus gesehen.
Im Hintergrund das ehemalige Tanklager-Gebäude.
Foto: RT (01/2005)
Unweit davon lagen am nordwestlichen Flugfeld die Batterien des 22. Flak-Regimentes der Wehrmacht, um den Flugplatz und die Stadt Brandenburg gegen Luftangriffe der Alliierten zu verteidigen. Zur NVA-Zeit gab es keine Überreste mehr, zumal größere Abschnitte dieses Gebietes durch Hubschrauber-Stellplätze und Dienstgebäude des THG-34 überbaut worden waren.
* * *
Die Nutzung der Anschlussbahn Brandenburg-Silokanal - Flugplatz Briest endete mit der Schließung des Fliegerhorstes Brandenburg-Briest am 31.12.1994. Der Anschlussvertrag mit dem DR-Nachfolger „DB“ wurde nicht verlängert. Auf den verbliebenen Gleisen standen danach über viele Jahre ausgemusterter Eisenbahnwagen, die auf ihre Verschrottung warteten. Lediglich zwischen dem Abzweig Silokanal (Km 0,0) und dem Abzweig „Knast“ (Km 2,0) nutzte die DB bzw. die Brandenburger Hafenbahn die Gleise zum Parken von Güter- und Spezialwagen.    
(4) Km 1,5 - Gleisanschluss Landesklinik Brandenburg-Görden („Nervenheilanstalt“)

Im Km 1,5 zweigt ein Gleisanschluß mit einem weiten Bogen nach Norden vom Hauptgleis ab. Durch die Krümmung konnte die Endstelle nicht eingesehen werden. Außerdem führte sie in ein Waldgebiet, in dem die zahlreichen Gebäude der Landesanstalt verstreut liegen. Im Objekt selbst gab es weitere Zweiggleise. Gesichert ist die Tatsache, dass ein Heizwerk mit Brennstoffen über die Anschlussbahn versorgt wurde. Ob auch die Zuführung von Opfern im Zuge des Hitler’schen Euthanasie-Mordprogramms über dieses Gleis erfolgte, ist nicht bekannt. Von der Anlage ist nur noch ein Gleisrest mit einer Länge von ca. 300 Meter vorhanden, dass aber tot ist und am Tor der Landesklinik endet.
Km 1,8 Der Güterschuppen (rechts) der ehemaligen Ladestelle Nervenheilanstalt steht noch, allerdings jetzt ohne Anschlussgleis.
Foto: RT (01/2012)
Was hinter diesem Tor an Eisenbahnfahrzeugen verschwand, wurde zerlegt. Einfahrt der Strafvollzugsanstalt Brandenburg (Havel). Das rechte Gleis führt zu Flugplatz Briest.                 Foto: RT (01/2012)

Copyright by Reinhard Taege (2012 ff.) - Alle Rechte vorbehalten - Letzte Aktualisierung: 28.01.2016
Da auf dem ehemaligen Flugplatz Briest zwischenzeitlich ein Solar-Park errichtet wurde, gab es keine Zukunft mehr für die Schiene. Ab März 2013 ist das Gleis zwischen dem km 2,0 (ehemals Abzweig „Knast“) und km 5,0 (ex Flugplatz) abgebaut worden. Betrieben wird z.Z. nur noch ein Reststück zwischen Km 0,0 und 2,0.  
Abzweig „Knast“ im Streckenkilometer 2,0 mit Blickrichtung Silokanal.
Links das „gekappte“ Anschlussgleis zum ehemaligen Flugplatz Briest,
rechts das Agl. in die JVA,
aber nur noch 100 Meter.
Foto: RT (6/2013)

Die Anschlussbahn Silokanal - Flugplatz Briest

     Veröffentlicht: (C) 16.10.2012 ...........................................................................................................................….……………………………………..... Update: 28.01.2016
(8)  Km 5,8 - Gleisanschluss Munitionslager

Der Anschluss bestand zwischen 1936-46 und hatte nur ein (abzweigendes) Gleis, dass am südwestlichen Flugfeldrand lag. Dort stand zur Unterbringung von Flakmunition ein weiteres Munitionslager, dass sowohl von der Bahn als auch durch Lkw von der nahe gelegenen Landstraße Kaltenhausen - Briest her versorgt werden konnte. Zur NVA-Zeit gab es keine sichtbaren Überreste mehr. Die Luftstreitkräfte errichteten 1972 auf dem Gelände eine Bungalow-Freizeitsiedlung für Flieger in Bereitschaft.   

(9)  Km 6,8 - Güterbahnhof Briest (Rosenhof)

Um eine Standortdefinition zu ermöglichen, werden nachstehend Begriffe von Orten verwendet, die es heute so nicht mehr gibt. Der Gbf. Briest (Rosenhof, oder auch Briest Vorwerk mit mehreren Gehöften) war bis 1919 das Gelände der Hansa- und Brandenburgischen Flugzeugwerke mit dem ersten Flugfeld an der Stelle, wo 1936 der Endbahnhof der 6,8 km langen Anschlussbahn entstand. Das Gelände war zuvor baulich geräumt und zum Sperrgebiet erklärt worden.
Der Stammsitz der Flugzeugwerke lag in Rostock-Warnemünde. Von dem Zweigwerkes in Briest gibt es heute keinerlei Überreste mehr.  


ZUM GESAMTVERZEICHNIS