Reinhard Taege
Deutsche
Eisenbahn- und Heimatgeschichte

Topografische Karte von 1911 mit nachträglicher Objekt-Kennzeichnung.

Die 1. Elbe-Eisenbahnbrücke zwischen Hämerten und Storkau mit der Berlin-Lehrter Eisenbahn (1911: Preußische Staatsbahn) mit dem „Feindgleis“.

Nicht an der Elbe, sondern an der  Havel (sie sind 25 Kilometer voneinander entfernt), üben Ziethen-Husaren vom Rathenower Regiment die stramme Verteidigung der Rathenower Havel-Eisenbahnbrücke. Sie besteht aus den gleichen Fachwerkelementen wie die 1. Elbe-Eisenbahnbrücke bei Hämerten bzw. Dömitz.

Um gegen den „Erzfeind Frankreich“ vor allen Eventualitäten gewappnet zu sein, wurden deratigen Bauwerke im deutschen Kaiserreich ständig vom Militär bewacht, bis zum Ende des 1. Weltkrieges, dem Ende der Monarchie. Die Wacheinheiten hatten hierzu befestigte Bauwerke an den Brückenzugängen, sogenannte Kasematten, in denen sie den Wachdienst verrichteten. Besonders konfortabel waren diese Unterkünfte nicht. Für die Eisenbahnbrücke Hämerten war ein sächsisches Wachregiment aus Magdeburg zuständig.

An der Eisenbahnbrücke bei Hämerten gab es noch eine Besonderheit auf der westlichen Uferseite, ein sogananntes „Feindgleis“. Hier konnte ein Militärzug des Feindes (wenn er es bis dorthin geschafft hätte), schlicht und einfach in das Wasser der Elbe geleitet werden, um ihn so an der Weiterfahrt in die Reichshauptstadt Berlin zu hindern bzw. ihn hier spätestens zu stoppen. Eine entsprechender Abzweigung von der Hauptbahn befand sich in Richtung der Station Hämerten. Das gut 72 Jahre später (1872/1944) die Bedrohung nicht vom Boden ausgeht, sondern aus der Luft kommt (Luftangriffe), konnten sich die Bewacher damals ganz bestimmt nicht vorstellen!

Die Provinz Sachsen, zu der auch die Stadt Tangermünde und die Gemeinde Hämerten gehörten, erstreckte sich bis 1919 in Richtung Osten über die Elbe hinweg bis zur Havel bei Rathenow. Die Kolonie „Neue Schleuse“ (heute Rathenow-West) war der östlichste „Aussenposten“ der Sachsen im Havelland. Sie wurde später eingemeindet.
Der Ort Hämerten und die dortige Elbe-Eisenbahnbrücke liegen etwa 5 Kilometer nördlich von Tangermünde. Zwischen diesen gibt es eine enge verkehrsgeschichtliche Beziehung, die einst von ausgeprägten Hegemoniebestre-bungen der Stadt Stendal geprägt war. Tangermünde war zwar in der Feudalzeit eine sehr bedeutende Stadt (Kaiserpfalz Karl IV.), was sich allerding mit der beginnenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert zugunsten von Stendal änderte.

Die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft hatte bei Planung und Bau der „Berlin-Lehrter Eisenbahn“ 1868-1871 die Stadt Tangermünde gemieden und die Gleise fünf Kilometer nördlich an ihr vorbei vergelegt. Daher musste sie eine eigene Eisenbahnlinie nach Stendal bauen, wollte sie eine Anbindung an das immer größer werdende Eisenbahnnetz erhalten. So entstand die Stendal-Tangermünder Eisenbahn-Gesellschaft.

Die als „Berlin-Lehrter Eisenbahn“ bezeichnete Strecke, war 1871 noch im Eigentum und Betrieb der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft. Sie wurde damals in zwei Abschnitten eröffnet:

01.02.1871 (Gesamtverkehr)
Berlin Lehrter Bf - Spandau - Rathenow - Stendal - Gardelegen (damit auch die Brücke bei Hämerten)

01.11.1871 der Güterverkehr / 01.12.1871 der Personenverkehr
Gardelegen - Oebisfelde - Lehrte.

Erst als der Deutsch-Französische Krieg 1871 beendet und das Deutsche Kaiserreich gegründet war, übernahm die Preussische Staatseisenbahn die komplette Bahnlinie und Betriebsführung. Bis in die Jahre 1894-96 war ein Teil der Eisenbahnbrücke Hämerten als Drehbrücke ausgeführt, damit Lastkähne mit Segel zu bestimmten Zeiten passieren konnten. Nach der Ablösung dieser (heute würde man sagen, umweltfreundliche Antriebsform) durch Dampfschiffe auf der Elbe ist der Drehpfeiler ausgebaut und durch eine normalfeste Verbindung ersetzt worden.

Die 1. Eisenbahnbrücke über die Elbe bei Hämerten aus Richtung Südwesten. Sie wurde von 1871-72 von der Preussischen Staatsbahn errichtet. Die Strecke führte von Berlin Lehrter Bf, über Wustermark, Rathenow, Stendal nach Lehrte (b. Hannover) und wurde deshalb auch als Berlin-Lehrter Eisenbahn bezeichnet, sie war vor 1945 immer 2-gleisig. Im Hintergrund der Ort Schönhausen mit dem Gut des Reichsgründers Otto v. Bismarcks.

Blick vom Westufer der Elbe auf das erhalten gebliebene Brückenfeld (500 Meter), dass früher über eine Länge von 1.000 Meter mit dem ostelbischen Ufer verbunden war. Die Anlage war zwar 2-gleisig ausgeführt, lediglich ein Gleis wurde von der Eisenbahn genutzt, das andere diente als Fussweg (!).    Foto: R. Kirchner 01.08.2012 via Wikimedia


Zu den „Elbe-Eisenbahnbrücken Nr. 2, 3 und 4“


„INHALSVERZEICHNIS

Eine gut erhaltene Eisenbahnbrücke preußischer Bauform steht noch heute ca.100 Kilometer nördlich von Hämerten an der Elbe bei Dömitz. Man kann anhand der Bilder gut erkennen, dass die Preußsche Staatsbahn großen Wert auf eine Standardisierung ihrer Brückenbauwerke legte.


Die 1. Elbe-Eisenbahnbrücke bei Hämerten

Die Kasematten der

1. Elbe-Eisenbahnbrücke bei Hämerten. Diese waren noch im Mai 1991 vorhanden, wurden aber dem Bau der neuen ICE-Strecke 1995 entfernt.