Reinhard Taege
Deutsche
Eisenbahn- und Heimatgeschichte


   Über die Elbe ...
   Die Fähre, Straßen- und Eisenbahnbrücken von Tangermünde und Hämerten

Leider kein Kaiserwetter: Am 29.11.1900 besucht Kaiser Wilhelm II die Stadt Tangermünde. Er hat soeben die herausgeputze Schaufelrad-Dampffähre mit seinem Tross verlassen und ist auf dem Weg zur Burg, wo er ein Denkmal an Kaiser Karl IV einweihen wird. Im Hintergrund ist der Fähranleger und die Fährstraße auf der ostelbischen Seite erkennbar.

Die Elbe bildete früher ein (fast) unüberwindliches Hindernis, um von einem Ufer zum anderen zu gelangen, da es noch kein Brückenbauwerk zwischen Tangermünde und dem ostelbischen Ufer gab. Das änderte sich erst 1933 mit der Einweihung der ersten Straßenbrücke über den Strom. Bis dahin wurde der Personen- und Güterverkehr mittels einer Fährverbindung durchgeführt, die es seit der Frühgeschichte von Tangermünde gab. Die Verbindung war aller-dings stark abhängig vom Wasserstand des Flusses. Bei Hochwasser musste der Betrieb eingestellt werden. Ein Übersetzen vom und zum Ostufer war dann nicht mehr möglich. Die Orte Jerichow, Fischbeck und Schöhausen waren dann von  der Stadt Tangermünde abgeschnitten. Die ostelbische Landwirtschaft litt sehr darunter.

Unmittelbar vor dem Zusammenfluss von Elbe und Tanger gelegen, gab es eine Flussquerung mittels Fähre. Bilddokumente von 1900 zeigen eine dampfbetriebene Schaufelradfähre, die 1912 von einer (umweltfreundlichen) Gierseilfähre abgelöst wurde. Die Überfahrt erfolgte durch Schrägstellen des Fährkörpers zur Fließrichtung der Elbe, wobei die Fähre an einem etwa 100 Meter langen Seil mit Festanker im Flussbett hing. Von dieser Art gab es stromauf und stromab in Richtung Dresden und Boizenburg insgesamt 10 Exemplare. Die erste dieser Art wurde bereits 1862 zwischen Dessau und Roßlau eröffnet.

Die Fähre Tangermünde

Topographische Karte Tangermünde - Fischbeck von 1911.

Gut zu erkennen ist die Fährstraße von Fischbeck zur Ostanlegestelle der Fähre. Grün der Überflutungsbereich vor dem Deich, rot der „geschützte“ Straßenteil hinter dem Deich. Sie war für die damalige Zeit sehr gut ausgebaut, gepflastert und befestigt. Allerdings  war der Teil zwischen Elbe und Deich bei Hochwasser unpassierbar, da die Straße über die Flutwiesen führte.

Der Deich mit Blickrichtung nach Süden am 8. Juni 2013. Keinerlei Sicherungsmaßnahmen, obwohl der Pegel zu dieser Zeit bei 8,16 Meter stand. Nicht einmal zwei Tage nach dieser Aufnahme bricht der Deich  in der Nacht vom 9. zum 10. Juni 2013 genau an dieser Stelle (Pfeil) und die Niederung im Bild links, in der Fischbeck, Schönhausen (Elbe), Wust und Schmetzdorf liegen, wird durch das Wasser überflutet. Immerhin 13 Kilometer in östliche Richtung! Foto: R. Taege (08.06.2013)

Satellitenansicht der Stelle, an der die Fähre bis 18.09.1933 in Betrieb war. Links die Hafeneinfahrt Tanger-münde, rechts der ehemalige Fähranleger, der nach 86 Jahren immer noch auffindbar ist.    Quelle: Google Eeath

Deich

Deich

Die alte Fährstraße im Abschnitt zwischen Anleger und Deich, Blickrichtung Fähre:

Das Überflutungsgebiet zwischen dem ostelbischen Fähranleger und Deich mit massiven Kopfsteinpflaster. Es hielt dem Hochwasser bis heute stand (an dieser Stelle ca. 4 Meter über Pflasterdecke, ich bin 1,80 Meter „hoch“). Nur an wenigen Stellen wurde es, wie hier, weggespült.

Die alte Fährstraße im Abschnitt zwischen Deich und der Ortschaft Fischbeck. Der Abschnitt hinter dem Deich ist mit Kleinpflaster versehen.  Vor mehr als 150 Jahren kamen über diesen Weg meine Urgroßeltern aus Böhmen in das 25 Kilometer entfernte Rathenow, um dort ein gottgefälliges Leben zu führen. Sie mußten ihre Heimat verlassen, denn wer zu der zeit protestantisch war, hatte in Böhmen nichts verloren.                               

Nun ist es passiert! Die Bruchstelle (oder Sollbruchstelle ?) bei Fischbeck am 10. Juni 2013.   

Die viel zu spät eingeleiteten Sicherungsmaßnahmen reichten nicht aus. Das Wasser strömt in die Niederung Richtung Fischbeck.                                   

Elbe-Hochwasser im Juni 2013 aus einer Höhe von ca. 500 Meter.

Im Vordergrund die Stadt Tangermünde, dann der Blick auf das (ostelbische) Jerichower Land, mit der Bruchstelle vor Fischbeck (Pfeil) und dem Überflutungsgebiet dahinter. Die alte Fähre hätte unter diesen Bedingungen keine Chance für einen ordentlichen Betrieb.                                    

In Fischbeck begann die alte Fährstraße an der späteren Reichsstraße 107 Genthin-Jerichow-Havelberg. An der Ecke 107/Fährstraße befand sich früher die Gaststätte „Zur Fähre“, heute eine Ruine. Eine Haltestelle der Genthiner Klein-bahn (ex Kleinbahn des Kreises Jerichow II“) gesellte sich im Jahr 1899 unweit dieses Abzweigs hinzu (s. Karte von 1911), so dass die Verkehrsanbindung des Jerichower Landes nach Tangermünde weitgehend hergestellt war (vorausgesetzt, das die Elbe kein Hochwasser führte).

Von 1895-1912 verkehrte zwischen den Ost- und Westanlegern eine Schaufelrad-Dampffähre, gebaut von der Schiffswerft Übigau bei Dresden. Wie die Fährfahrzeuge vor dieser Zeit aussahen, ist mir nicht bekannt, vermutlich wurden sie aber mühsählig durch Muskelkraft über den Strom bewegt. Ab dem Jahr 1912 kam dann eine Treidelfähre zum Einsatz.

Die Fähre Tangermünde um 1930:

Auch wenn nur ein „SUV“, ein „Hanomag Komissbrot“ und ein Fahrradfahrer über die Elbe wollten, der Fährmann brachte sie über den Strom.


Die Moderne hat in den 1920er Jahren mit dem Cabrio-Pkw schon Einzug gehalten; herrschaftliche Zeitgenossen lassen sich ebenso über die Elbe schippern, wie Bauern mit Pferdegespann. Die Elbwiesen lieferten in der trockenen Jahreszeit Futter für die Vierbeiner.



Die Dampffähre „Fürst Bismarck“

Die Aufnahme zeigt die Requierierung der Elbfähre für militärische Zwecke. Ein sächsisches Husaren-Regiment wird 1913 übergesetzt. Auf der Promenade der anderen Uferseite sind viele Schaulustige aus Tangermünde gekommen, um das Übungsspektakel mit zuerleben.


Gleich legt die Fähre am Westufer der Elbe an. Sie hat eine Zugmaschine mit Möbelwagen, einen Pkw sowie ein Pferdegespann mit Planwagen geladen. Solche Umzüge mit kompletten Hausrat konnten sich nur höhergestellt Beamte oder Offiziere leisten. Aufnahme während des Frühjahrshochwassers 1930.


Das man bei einem derartigen Hochwasser nicht durch oder über den Fluss kommt, ist wohl jeden klar!
Der Elbe-Pegel bei Tangermünde hat die Fähigkeit, zwischen Niedrigwasser (nur 1 Meter tief und 20 Meter breit) und Hochwasser (2013: 8,36 Meter tief und 2000 Meter breit) zu variiren. Niemand sollte jedoch auf die Idee kommen, den Fluss bei Niedrigwasser zu durchqueren. Er besitzt eine enorme Fließgeschwindigkeit in der Mitte des verbliebenen Rinnsals, dessen Grund mitwandert!   
Von 1895 bis 1912 verkehrte zwischen den Ost- und Westanlegern eine Schaufelrad-Dampffähre, gebaut von der Schiffswerft Übigau bei Dresden. Wie die Fährfahrzeuge vor dieser Zeit aussahen, ist mir nicht bekannt, vermutlich wurden sie aber mühsählig durch Muskelkraft über den Strom bewegt. Ab dem Jahr 1912 kam dann die oben beschriebene Treidelfähre zum Einsatz.
In Fischbeck begann die alte Fährstraße an der späteren Reichsstraße 107 Genthin-Jerichow-Havelberg. An der Ecke 107/Fährstraße befand sich früher die Gaststätte „Zur Fähre“, heute eine Ruine.  Eine Haltestelle der Genthiner Kleinbahn (ex Kleinbahn des Kreises Jerichow II“) gesellte sich im Jahr 1899 unweit dieses Abzweigs hinzu (s. Karte von 1911), so dass die Verkehrsanbindung des Jerichower Landes nach Tangermünde weitgehend hergestellt war (vorausgesetzt, das die Elbe kein Hochwasser führte), denn etwa 2/3 der Fährstraße führten durch Flutwiesen. Dann war die Straße unpassierbar und die Verbindung nach Tangermünde abgeschnitten. Die nächsten Straßen-brücken waren damals in Magdeburg (50 Km nach stromauf) und Wittenberge (50 Km stromab).


Die Treidelfähre


Die alte Fährstraße


INHALTSVERZEICHNIS

Das Ende der ehemaligen Schaufelradfähre „Fürst Bismarck“ in der Tangermünder Werft am Westufer der Elbe. Dampfmaschinen und Antriebe sind bereits entfernt (1913).